Grabeskirche in Jerusalem
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Hermann von Salza und die Briefe aus Jerusalem


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil VI

Aus der Zeit des Kreuzzuges Friedrich II., 1228 bis 1229, sind einige Briefe erhalten, die einen Einblick in die Gedankenwelt der Protagonisten dieser weltgeschichtlich bedeutsamen Tage geben, und an denen der Deutsche Orden mit seinem Hochmeister Hermann von Salza einen hervorragenden Anteil hatte. Wenn man die Entwicklung dieses Kreuzzuges verfolgt, muss man erkennen, dass der vom Papst gebannte Kaiser in erster Linie nach einer einvernehmlichen Lösung mit dem Sultan Al Kamil von Ägypten suchte. Deshalb hatten bereits seit etlichen Monaten, schon vor der Überfahrt Friedrichs nach Palästina, diplomatische Verhandlungen begonnen, in die auch Hermann von Salza einbezogen war. Nach der Ankunft des Kaisers im Heiligen Land wurden der Erzbischof von Palermo und Thomas von Acerra zum Sultan geschickt. Der Vertrag war dann auch im Februar 1229 ausgehandelt und damit unterschriftsreif. Er konnte jetzt von beiden Seiten beschworen werden. Hermann von Salza gehörte dann auch zu den Beratern des Kaisers, der diesen Vertrag mit beschwor. Papst Gregor IX. schickte im März 1229 dem Deutschen Orden in Palästina durch den Ordensbruder Leonhard seine Missbilligung des Verhaltens Hermann von Salzas zu Friedrich II. Daraufhin sah sich der Hochmeister veranlasst, im März dem Papst in einem Schreiben seinen Standpunkt darzulegen. Als erstes schildert er "Gregorius, dem heiligsten und verehrungswürdigsten Vater in Christo" seine Sicht der Dinge. Diese ersten Sätze seines Briefes zeigen aber zugleich seine tiefe Gläubigkeit und seine Überzeugung, richtig gehandelt zu haben, wenn er schreibt: "Die Gerüchte über den Zustand des Heiligen Landes und das christliche Heer auf der Fahrt des verflossenen Herbstes gemäß dem, was damals war, ist Ew. Heiligkeit genug bekannt, aber die Gnade, die der Herr der Heerscharen, Gott, bezüglich des Heiligen Landes nicht durch unsere Verdienste, sondern durch göttliche Barmherzigkeit allein nach diesem uns anzutun würdigte, halten wir für würdig und nützlich, Ew. Heiligkeit kundzutun." Hermann schildert dem Papst dann den Wiederaufbau von Verteidigungsanlagen bei dem Ort Joppe [Jaffa / Tel Aviv] durch das von Kaiser Friedrich geführte Christenheer. Er schreibt über große Versorgungsschwierigkeiten, die durch schweren, die Schiffahrt lahmlegenden Sturm entstanden waren. Er schreibt dann weiter: "Und solange das Heer Christi so in vielfacher Bedrängnis war, begann fast der gesamte Stab des ganzen Heeres schon zu verzweifeln, ... Und während wir in solcher Not waren, besänftigte der erbarmende und barmherzige Herr, der die im Herzen Gebeugten heilt, der Helfer zur guten Zeit, durch Aufhellung des Wetters das Meer, und sogleich kam eine solche Menge Schiffe und Barken mit Lebensmitteln nach Joppe, das jeder frühere Mangel in Überfluß und Fülle alles Nötigen umschlug." Er berichtet dann über die jetzt mit ganzer Kraft währenden Bauarbeiten und spricht von einem Werk, "das für die Ewigkeit ein Erinnerungsmal sein wird für das ganze christliche Volk, weil es durch die Gnade Gottes aus zu großer Liebe und Zuneigung, in der der Kaiser und Herr sowie das ganze Volk erglühte ... ." Er erwähnt aber auch die während dieser Arbeiten unbehindert stattfindenden Verhandlungen zwischen Boten des Sultans und des Kaisers, "wobei sie über das Gut des Friedens und der Eintracht verhandelten". Wir lesen in dem Brief auch von unzählbaren und ungeheuren Heeren der Sultane in Tagesmarschentfernung vom Christenheer. "Und während über die Rückgabe des Heiligen Landes verhandelt wurde, fügte der Herr Jesus Christus es mit seiner gewohnten Voraussicht so, daß der Sultan dem Kaiser und Herrn und den Christen die Heilige Stadt Jerusalem mit allem Zubehör überließ, ..." Hermann von Salza zählt dem Papst sehr genau alle Gebiete im Heiligen Land mit Jerusalem beginnend auf, die der Sultan in dem abgeschlossenen Vertrag den Christen zurück gegeben hatte. Dieser Aufzählung folgte ein für diese Zeit sehr mutiger Satz: "Wahrscheinlich nämlich scheint es, daß, wenn der Kaiser und Herr in der Gnade und im Einverständnis mit der römischen Kirche hinübergegangen wäre, weit wirksamer und nützlicher die Verhandlung über das Heilige Land geglückt wäre." Es hat den Eindruck, wenn man die Geschichte weiter verfolgt, dass die Darlegungen Hermann von Salzas doch einen gewissen Eindruck bei Gregor IX. hinterlassen haben. In dem Brief wird weiterhin erwähnt: "Auch alle Gefangenen, welche beim Verluste von Damiette blieben und die im jüngsten Kriege gemacht wurden, sollten gänzlich von beiden Seiten zurückgegeben werden." Zum Schluss des Briefes zeigte er dem Papst noch einmal sein Unverständnis zur Einstellung der Kirche: "Bruder Leonhard kam zu uns nach Joppe am 7. März, indem er uns Kunde von Übersee brachte. Wir hätten gern gewollt, daß sie besser wäre und von anderer Art, wie sie es tatsächlich ist. Im übrigen weiß der Erz-bischof Reginus, der zu den Füßen Ew. Heiligkeit entsandt ist, Ew. Gnaden völlig zu unterrichten, wie und zu welchem Zweck wir um den Kaiser zurückblieben. Und wenn ihr durch ihn unterrichtet seid, in welcher Absicht wir es getan haben und welches der Erfolg gewesen ist, sind wir bereit, zu gehorchen, was überdies Ew. Heiligkeit uns befiehlt, sowohl über das Kommende wie über alles übrige." Hermann von Salza schrieb in diesen Tagen noch einen zweiten Brief, der erhalten ist. Dieser Brief war an einen Kardinal gerichtet. Auch wenn der Empfänger nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, wird der Brief wohl an den Kardinalpriester von S. Sabina, Thomas von Capua geschrieben worden sein. Hermann berichtet dem Kardinal über die Ereignisse um den 17. März 1229 in Jerusalem: "Es wird Ew. Hoheit erfahren haben, daß der Kaiser und Herr mit dem gesamten christlichen Heere am Sonnabend, den 17. März, nach Jerusalem kam und am folgenden Sonntag dort zu Ehren des ewigen Königs die Krone trug. Auch ist ihm von vielen geraten worden, daß er dort sich den Gottesdienst celebrieren ließe, weil er jenes Land aus den Händen der Sarazenen befreit hatte, um dessentwillen er in die Fesseln der Exkommunikation verstrickt worden war. Ich aber, als ein Mann, der die Ehre der Kirche und des Reiches liebt und nach beider Erhöhung strebt, habe dem erwähnten Plane Widerstand geleistet, weil ich sah, daß er weder der Kirche noch ihm selbst nütze. Und so in dieser Frage bei unserem Rate sich beruhigend, hörte er nicht den Gottesdienst, dennoch aber nahm er die Krone einfach vom Altare und trug sie zum Thronsessel, wie es üblich ist." Hermann berichtet dem Kardinal über diese Ereignisse und auch darüber, dass der Kaiser wenig Verständnis für das Vorgehen des Erzbischofs von Caesarea und besonders des Patriarchen Gerold von Jerusalem hatte. Er zitiert in dem Brief den Kaiser mit den Worten: "warum denn die heiligen Orte, die so lange unter dem Joche der Ungläubigen geschmachtet hätten und nunmehr befreit seien mit göttlicher Hilfe, jetzt durch den Bann des Patriarchen und das Verbot, Gottesdienste zu halten, dem früheren Elend wieder preisgegeben würden." In dem Brief wird auch die Rede des Kaisers nach seiner Selbstkrönung wiedergegeben. Zum Ende schreibt der Hochmeister: "Dies aber schreiben wir Euch nicht deshalb, weil es dem Herrn Kaiser gefällt und weil es, wenn er gekonnt hätte, nicht gern anders gemacht hätte. Aber Gott weiß, daß er Waffenstillstand und Frieden nicht anders festigen konnte. Alles Vorangegangene haben wir deshalb Euch geschrieben, damit Ihr, wenn vielleicht Euch von anderer Seite anders geschrieben werden sollte, Ihr die Wahrheit wißt - so ist es, wie wir schreiben - und aller Einflüsterung nicht glaubt; und weil wir auch wissen, daß Ihr Frieden und Eintracht zwischen Kirche und Kaiser liebt und für ihre Herstellung angestrengt arbeitet, für die wir Euch dringend ermahnen würden, wenn es notwendig wäre."
Es gäbe zu diesen Briefen noch viel zu sagen. Schließen möchte ich mit einem Zitat Kaiser Friedrich II. Ich fand diese Worte in dem Buch "Kaiser Friedrich II. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters" von Klaus van Eickels. In seinem Manifest an den Papst, die Könige der Christenheit und seine Getreuen im Reich vom 18. März 1229 stellt Friedrich II. fest: "Eines jedoch können wir sagen und dürfen wir nach Gebühr nicht verschweigen, daß der Meister und die Brüder des Deutschordens der heiligen Maria von Anfang unserer Ankunft an uns im Dienste Gottes ebenso ergeben wie tatkräftig zur Seite standen."

Dieter Deubner Bad Langensalza 1.August 2006

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